Sie ist längst zu einer liebgewonnenen Tradition geworden: die jährliche World-Press-Photo-Ausstellung im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte. Die neue Ausgabe steht vom 11. März bis zum 2. April 2023 auf dem Programm. Auf einer Pressekonferenz informierten die Veranstalter jetzt über den Stand der Vorbereitungen und einige wegweisende Neuerungen.
Rote Kleider und orangefarbene Hemden hängen auf schlichten Holzkreuzen. Sie erinnern an das Schicksal von 215 indigenen Kindern, deren in einem anonymen Massengrab verscharrte sterbliche Überreste in der westkanadischen Stadt Kamloops entdeckt worden waren. Bis ins 20. Jahrhundert hinein sollte ihnen und vielen weiteren in Internaten wie der Kamloops Indian Residential School eine vermeintlich „zivilisierte“ Lebensweise beigebracht werden – oft durch massive phyische und psychische Gewalt. Mehr als 4.000 Mädchen und Jungen starben an den Folgen von Misshandlung, Vernachlässigung, Krankheit oder Unfall.
Die Fotografin Amber Bracken hat die Gedenkstätte in der Provinz British Columbia am Rande eines Highways für die New York Times abgelichtet. Ihre Aufnahme ist das aktuelle „Pressefoto des Jahres“ und steht im Mittelpunkt der World-Press-Photo-Ausstellung, die zwischen dem 11. März und dem 2. April 2023 zum achten Mal in Oldenburg gastieren wird. „Ein perfektes Bild – gleichzeitig eindringlich, fesselnd und symbolisch“, urteilte die Jury des Wettbewerbs um das beste Pressefoto. Es vermittle einen „stillen Moment der globalen Abrechnung mit der Geschichte der Kolonisierung“. Erstmals seit 1955 wurde damit eine Arbeit als „World Press Photo“ ausgezeichnet, die keine Menschen zeigt.
„Wir sind sehr stolz darauf, neben Amber Bracken mit Snutetkwe Manuel auch die Initiatorin des Mahnmals zur Eröffnung der Ausstellung bei uns begrüßen zu können“, sagte Claus Spitzer-Ewersmann am Dienstag im Rahmen eines Pressegesprächs. Seine Agentur Mediavanti holt die World-Press-Photo-Ausstellung seit 2016 alljährlich ins Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte. „Wir freuen uns, die Kooperation auch im 100. Jahr der Wiederkehr unserer Gründung fortzusetzen. Sie ist längst zu einem Fixpunkt im hiesigen Kulturgeschehen geworden“, betonte Museumsdirektor Dr. Rainer Stamm und fügte hinzu: „Mit dem Besuch von Amber Bracken und Snutetkwe Manuel rücken wir ein wichtiges und hochsensibles Thema in den Fokus.“
Die Ausstellungstournee durch rund 100 Standorte in aller Welt endet in diesem Jahr in Oldenburg. Insgesamt wurden knapp 65.000 Bilder von mehr als 4.000 Pressefotograf:innen bei der World Press Photo Foundation in Amsterdam eingereicht. Der Wettbewerb wurde dabei nach einem neuen Konzept abgehalten. Anders als in den Vorjahren entschieden zunächst sechs Regionaljurys über die Aufnahmen aus Asien, Afrika, Europa, Nordamerika, Mittel- und Südamerika sowie Südostasien und Ozeanien. Erst danach wählte ein weiteres Gremium daraus die besten Beiträge in den Kategorien Einzelbild, Serie, Langzeitprojekt und offenes Format aus. „So soll dem Übergewicht an Gewinnerbildern aus Nordamerika und Europa entgegengewirkt werden“, erläuterte Claus Spitzer-Ewersmann das neue Konzept. Die Gäste der Ausstellung könnten sich bei ihrem Besuch in jedem Fall von einer größeren Vielfalt an Themen aus allen Teilen der Welt überzeugen.
Zwei weitere Neuerungen verkündete Organisationsleiterin Lisa Knoll. „Zum einen wird es erstmals einen Audioguide durch die Ausstellung geben. Die Erläuterungen zu den einzelnen Bildern wurden von unserem Team selbst eingesprochen.“ Zum anderen wird das Angebot an Führungen ergänzt: „Bei zunächst zwei davon wird eine Gebärdendolmetscherin dabei sein, die die Informationen auch an gehörlose Menschen weitergeben kann.“ Führungen sind erneut auch im Rahmen der Aktion „schule@museum“ vorgesehen. Schüler:innen der IGS Kreyenbrück und der IGS Flötenteich bereiten sich in Arbeitsgruppen darauf vor, Schulklassen durch die Ausstellung zu führen und ihnen deren Hintergründe zu erklären.
Zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Ausstellung hat sich in den vergangenen Jahren die Sonderschau entwickelt, die einmal mehr in Kooperation mit der weltweiten Initiative „The Everyday Projects“ exklusiv für Oldenburg erarbeitet wurde. „Wir werden diesmal 50 Aufnahmen zeigen, in denen sich sechs Fotograf:innen mit gefährdeten Tierarten beschäftigen“, erklärte Knoll anlässlich des Pressetermins. Die Teilnehmenden stammen unter anderem aus Uganda, Indonesien, Kolumbien und den USA.
Mit dem Rahmenprogramm setzen die Veranstalter weitere Akzente. Hier seien die Planungen weitgehend abgeschlossen, erläuterte Claus Spitzer-Ewersmann und verwies auf eine Reihe zusätzlicher Kooperationen. So werde das Workshop-Angebot erstmals gemeinsam mit der Volkshochschule auf die Beine gestellt. Neu ist auch die Zusammenarbeit mit der Oldenburgischen Landschaft: „Zusammen bereiten wir eine Veranstaltung mit fünf Fotoprofis aus der Region vor, die jeweils 20 Minuten lang ihre aktuellen Projekte präsentieren werden.“ Darüber hinaus steht wieder die bewährte Mischung aus Filmvorführungen, Sonntagsmatineen, einer Podiumsdiskussion und Vorträgen im Programm. Unter anderem wird mit Tino Pohlmann einer der offiziellen Tour-de-France-Fotografen nach Oldenburg kommen. Spitzer-Ewersmann: „Das wird für alle Radsport-Fans ein besonderer Abend.“
Alle Informationen rund um die Ausstellung und die Rahmenveranstaltungen werden im Programmheft zusammengefasst. Die gedruckte Version wird im Februar erscheinen; auf der Website der Veranstaltung steht die digitale schon etwas eher zum Download bereit. Abschließend bedankte sich Claus Spitzer-Ewersmann bei allen Partnern und Sponsoren der Ausstellung für ihr weiterhin großes Engagement: „Es ist einfach großartig, wie sie uns die Treue halten und die Bedeutung der World Press Photos Jahr für Jahr unterstreichen.“