Da sich die beiden Inseln dazu verpflichtet haben, ihre Nachtlandschaft durch eine deutliche Beschränkung der künstlichen Beleuchtung zu erhalten, kann hier noch der prächtige Sternenhimmel bei nahezu natürlicher Dunkelheit erlebt werden.
Durch die stetig zunehmende künstliche Beleuchtung, besonders durch den wachsenden Einsatz energieeffizienter und kostengünstiger LED-Leuchten, wird die Lichtverschmutzung rapide stärker. Dadurch verlieren die Nachtlandschaften ihr typisches Bild. Pflanzen, Tiere, aber auch Menschen werden zunehmend beeinträchtigt. Die Zahl der Insekten nimmt dramatisch ab, Zugvögel werden von ihren Flugrouten abgelenkt, der Tag-Nacht-Rhythmus wird gestört, wenn die Nacht zum Tag gemacht wird. Viele faszinierende Naturschauspiele an der Küste sind durch helle Lichter kaum noch erkennbar, wie das Meeresleuchten, nachtleuchtende Wolken, Polarlichter oder die Milchstraße.
Aus diesem Grunde haben die Umweltminister:innen der beteiligten Länder 2018 in der Regierungskonferenz zum Schutz des Wattenmeeres auch die Reduzierung der Lichtemissionen gefordert.
Die beiden Inseln, Pellworm im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer und Spiekeroog im Niedersächsischen Wattenmeer, bieten noch eine relativ wenig beeinflusste und natürliche Nachtlandschaft mit einem dunklen, sternenreichen Nachthimmel. Um diesen zu erhalten, wollen die beiden Inseln Musterbeispiele für den Schutz der Nacht durch eine entsprechende Beleuchtung darstellen, was durch eine Bewerbung als „International Dark Sky Community“ bei der IDA unterstrichen und im August 2021 mit der Auszeichnung honoriert wurde. Beide Inseln dürfen sich nun „Sterneninsel“ nennen.
Nachhaltige Beleuchtung schützt den Sternhimmel
Für die Bewerbung wurden Messungen der Himmelshelligkeit durchgeführt, die zeigten, dass die beiden Inseln tatsächlich zu den dunkelsten Regionen Deutschlands gehören.
Um das Zertifikat zu erhalten, verabschiedeten die Inselparlamente Lichtleitlinien, welche die Anforderungen der IDA erfüllen. So sollen beispielsweise warmweiße Farbtemperaturen und eine möglichst geringe Lichtmenge gewählt werden, und künstliches Licht nur bedarfsorientiert eingesetzt werden.
Durch diese Maßnahmen werden auch der Energieverbrauch und damit der CO2-Ausstoß reduziert. Zugleich wird damit eine artenschutzgerechte künstliche Beleuchtung gemäß der aktuellen Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes realisiert.
Durch Öffentlichkeitsarbeit sollen die Vorzüge geringer Lichtverschmutzung und des eindrucksvollen Sternenhimmels der lokalen Bevölkerung und den Besucher:innen vermittelt werden. So werden auf den Inseln Sternenführungen angeboten und spezielle Himmelsbeobachtungsplätze eingerichtet. Weitere Informationen werden auf eigenen Internetseiten angeboten. Da der Sternenhimmel im Frühjahr, Herbst und Winter besonders gut beobachtet werden kann, wird damit eine zusätzliche Naturattraktion für die touristische Nebensaison genutzt.
Sterneninsel Spiekeroog
Auf Initiative eines Ferienhausbetreibers auf Spiekeroog wurden dort im April 2019 die ersten Messungen der Himmelshelligkeit durchgeführt, die ebenfalls sehr dunkle Werte lieferten. Aus Fördermitteln war die Beleuchtung auf der Insel zuvor bereits auf 3000-Kelvin-LED-Lampen umgerüstet worden, die allerdings viel zu hell und stark blendend wirkten. In einem Test konnte das Netzgerät einer Leuchte auf 30 Prozent der Helligkeit gedimmt werden, was eine ausreichende und angenehme Lichtstärke ergab und damit den Anforderungen der IDA entsprach. Der Bürgermeister Matthias Piszczan persönlich programmierte dann alle 68 Leuchten um, während am Strand und an der Zuwegung dorthin inzwischen neue Leuchten mit einer Farbtemperatur von 2200 Kelvin installiert wurden.
Mithilfe des Nationalpark-Hauses Wittbülten hat die Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer drei Beobachtungsplätze eingerichtet, die unterschiedliche Lichtsituationen veranschaulichen. An einem „Sternkieker-Ort“ wurde eine Plattform mit Liegen und Stützen für die Sternbeobachtung installiert. Auch die Kurverwaltung unterstützt das Projekt mit Kommunikations-mitteln, Veranstaltungen und weiteren Leistungen für Gäste und Insulaner. Ein Internetauftritt ist speziell für die Sterneninsel unter www.sterneninsel-spiekeroog.de in Vorbereitung. Auf der offiziellen Website Spiekeroogs wurde eine Unterseite eingerichtet www.spiekeroog.de/sterneninsel/. Gefördert wurde das Projekt im Rahmen des deutsch-niederländischen INTERREG-Projektes Wattenagenda 2.0.
Der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies sagte dazu: „Die Sterneninsel Spiekeroog zeigt beeindruckend wie man mit einfachen Mitteln sehr viel erreichen kann: Das künstliche Licht so weit wie möglich herunterzufahren und damit Lichtverschmutzung zu reduzieren, hilft nicht nur dem Ressourcenschutz – sondern auch den Insekten und Vögeln, die die wertvolle und einzigartige Natur des Wattenmeers ausmachen. Das Projekt fördert die Energieeinsparung und dient damit direkt dem Klimaschutz. Dass Spiekeroog als Dark Sky Community ausgezeichnet wurde, kann uns in Niedersachsen sehr stolz machen und schafft einmal mehr ein Bewusstsein dafür, wie groß der Einfluss des Menschen auf das Ökosystem und seine Bewohner ist.“
Die Anträge für die Anerkennung beider Inseln wurden Ende Juni 2021 bei der IDA eingereicht und im August 2021 positiv begutachtet. Die Anträge in englischer Sprache werden auf der Internetseite www.darksky.org der IDA öffentlich verfügbar sein.