Killjoy Quiz, © Michiel Devijver
© Michiel Devijver

Fes­ti­val Thea­ter­for­men 2021


Elf Tage mit internationalem Theater und einem Stadtlabor an einem besonderen Ort mitten in Hannover: Das Festival Theaterformen plant mit seiner Ausgabe 2021 eine außergewöhnliche Edition auf den Bühnen des Staatstheaters und auf der Raschplatzhochstraße, die während des Festivalzeitraums umgewidmet und zur Performance- und Experimentierfläche rund um das Thema Klimagerechtigkeit wird. Die Festivalausgabe 2021 ist die erste von Anna Mülter kuratierte.

Ihre kuratorische Linie beschreibt Anna Mülter so: „Mir sind Zugänge wichtig, sowohl was die komplexen Themen angeht, die die Künstler*innen verhandeln und uns in verschiedenen Formen auf der Bühne näher bringen. Als auch in Bezug auf Barrierefreiheit für Menschen, die bisher vom Theaterbesuch ausgeschlossen waren. Ein zentraler Baustein meiner ersten Ausgabe ist auch das Stadtlabor, als ein niedrigschwelliges Angebot für ein vielfältiges Publikum, das Festival abseits der klassischen Bühne zu erleben.“

Den Auftakt und das Ende des Theaterprogramms machen zwei Künstlerinnen, die in ihren Arbeitsweisen unterschiedlicher nicht sein könnten: Eröffnet wird das Festival am 8. Juli im Schauspielhaus mit einer Uraufführung der argentinischen Theatermacherin Lola Arias. „The Revolt“ ist ein Stück, das gemeinsam mit hannoverschen Senior*innen und Pflegekräften entsteht. Eine Arbeit an der Schnittstelle von Realität und Fiktion, die das Vorurteil von den vermeintlich stillen „Alten“ in eine bessere Zukunftsvision zu wenden versucht. „The Revolt“ entsteht in Kooperation mit dem Schauspiel Hannover.

Sonja Anders, Intendantin des Schauspiels Hannover, freut sich auf Anna Mülters erste Ausgabe und die Verzahnung des Festivals mit dem Schauspiel: „Die Theaterformen bringen jedes Jahr Inspiration und frischen Wind in unsere Theater – in Hannover und Braunschweig. Ich freue mich ganz besonders auf das erste Programm von Anna Mülter und ihrem Team. Und auch auf die gemeinsame Koproduktion mit der Regisseurin Lola Arias! Damit lebt ein Stück des Festivals nachhaltig im Repertoire des Schauspiel Hannover weiter.“

Mit der preisgekrönten Arbeit von Florentina Holzinger über körperliche Disziplinierung und den Schönheitskult, der tief verwurzelt ist in der tänzerischen Tradition, schließt die Ausgabe. 2020 zum Theatertreffen eingeladen, ist „TANZ. Eine sylphidische Träumerei in Stunts“ der letzte Teil einer Trilogie über den Körper als Spektakel mit schwindelerregender Akrobatik, muskulösen Frauenkörpern und Martial-Arts-Kampfszenen.

„Ich möchte diverse Perspektiven zu versammeln und meinem Auftrag, verschiedene Theaterformen zu präsentieren, gerecht zu werden“, so Anna Mülter über ihren Start in Hannover. „Viele Künstler*innen sind übrigens zum ersten Mal beim Festival vertreten, wie z.B. Luanda Casella, Alice Ripoll, Simone Dede Ayivi, Florentina Holzinger und Noëmi Lakmaier, deren künstlerische Arbeiten ich sehr schätze, und die Themen wie Behinderung, Feminismus, Rassismus und Migration auf die Bühne bringen.“

Simone Dede Ayivi beispielsweise zeigt ihre neueste Arbeit „Homecooking“ – eine Kochshow mit Rezepten aus dem „theatralen Kochbuch eines kulinarischen Migrationserbes“, wie die Regisseurin es selbst beschreibt. Eine One To One-Performance über Einsamkeit, Nähe und Social Distancing – über das Leben in pandemischen Zeiten – kommt von Noëmi Lakmaier: „Stay A Little Longer (or How Did We Get Here?)“ schafft eine temporäre Gemeinschaft, die sich den unwirtlichen Umständen eines Raumes zu widersetzen versucht. Ganz konkret in einem eigens gebauten Setting auf der Schauspielhausbühne für eine Performerin plus Eins.

Niedersachsens Kulturminister Björn Thümler freut sich auf das Festival im Sommer und meint: „Die Kulturbranche ist von der Corona-Pandemie besonders hart getroffen worden. Und wenn es den Kulturschaffenden nicht gut geht, leidet die ganze Gesellschaft. Wir brauchen jetzt alle Kultur – und zwar live von Angesicht zu Angesicht. Mit Blick auf das aktuelle Infektionsgeschehen dürfen wir uns so langsam auf einen – wenn auch nicht normalen, dafür aber besonderen – Kultursommer in Niedersachsen freuen. Und ich freue mich darauf, dass das Festival Theaterformen darin eine Hauptrolle spielen wird.“

Oberbürgermeister Belit Onay ist gespannt auf das Programm und auf künstlerische Perspektiven: „Das Festival Theaterformen steht für experimentelles Theater aus aller Welt und verbindet seit 1990 gekonnt das Lokale mit dem Internationalen. Mit unserer Förderung ermöglichen wir diese partizipativen Kulturprojekte, die den Besucher*innen neue Spannungsfelder eröffnen und viele Impulse zu den aktuellen gesellschaftspolitischen Themen liefern. In diesem Jahr steht das Thema Klimagerechtigkeit im Mittelpunkt. Ich bin gespannt darauf, wie es dem Festival gelingt, mit Kunst neue Perspektiven zur Klimagerechtigkeit aufzuzeigen.

Lavinia Francke, Generalsekretärin der Stiftung Niedersachsen, sagt dem Festival eine positive Resonanz voraus: „Die Stärke der Theaterformen liegt darin, internationale Theaterschaffende in einen lebendigen Dialog mit den Menschen vor Ort – im Wechsel in Braunschweig und Hannover – zu bringen. Die erste Ausgabe des Festivals unter Anna Mülter setzt für Hannover starke gesellschaftspolitische Impulse und öffnet unseren Blick dafür, wie bereichernd die Perspektiven der anderen – etwa weniger Privilegierten – sein können. Die Theaterformen 2021, seien sie nun analog, digital oder hybrid, werden so einen langen Nachhall in der Stadtgesellschaft erzeugen.“

We are in this together, but we are not the same
Festival Theaterformen auf der Raschplatzhochstraße: Ein Stadtlabor zum Thema Klimagerechtigkeit

Im Sinne eines performativen Urbanismus bringt das Festival Theaterformen nicht nur Performance in die Stadt, sondern macht sie selbst zu einer. Auf der Raschplatzhochstraße entsteht eine noch nie dagewesene architektonische und künstlerische Intervention, die Raum bietet, gemeinsam mit Hannovers Bürger*innen Ideen, Zukunftsvisionen und Utopien rund um das Thema Klimagerechtigkeit zu versammeln – ein gigantischer städtischer Freiraum, den sich die Stadtgesellschaft für elf Tage aneignet.

„Klimagerechtigkeit ist das brennende Thema unserer Gegenwart,“ findet Anna Mülter. „Es betrifft ökologische, politische und soziale Fragen gleichermaßen. Allerdings fehlen mir oftmals die Stimmen marginalisierter Gruppen, deren Wissen für das Vorankommen in diesen Fragen wichtig ist. Für mich sind z.B. Menschen mit Behinderung Expert*innen für den Umgang mit begrenzten Ressourcen, und wir können viel von ihnen lernen. Auch sind indigene Perspektiven auf die Klimakrise eine gänzlich andere als aus einer westlichen privilegierten, und es ist mir wichtig, sie miteinzubeziehen, vor allem bei Fragen rund um Strategien von Resilienz, des Widerstands und der Zukunftsfähigkeit.“

Zahlreiche hannoversche Initiativen und Verbände sind neben indigenen Künstler*innen und Künstler*innen mit Behinderung Akteur*innen und Teil des Projektes. In Workshops und Veranstaltungen, durch Begegnung und Austausch zu Umweltschutz, Antidiskriminierung und sozialer Gerechtigkeit wollen alle gemeinsam überlegen, wie eine (klima-)gerechte Stadt der Zukunft
aussehen kann.

Die künstlerische-architektonische Intervention auf der Hochstraße, deren Form und Funktion Bezug auf die Intitiativen und Künstler*innen nimmt, wird von endboss umgesetzt, die sich unter anderem als Initiator*innen des PLATZprojekts einen Namen gemacht haben. „Die große erzählerische Kraft des Theaters räumlich umzusetzen, um Fehlstellen in der Stadt und damit auch in der Gesellschaft sichtbar und vor allem erfahrbar zu machen, hat für uns von Anfang an den Reiz dieser spannenden Kollaboration ausgemacht“, sagt Robin Höning von endboss.

Ein Genehmigungsantrag für das Stadtlabor auf der Raschplatzhochstraße ist bei der Landeshauptstadt Hannover eingereicht.

Kartenverkauf Online - Informationen auf www.theaterformen.de

FESTIVAL THEATERFORMEN I Niedersächsische Staatstheater Hannover GmbH

Judith Hartstang
Ballhofplatz 5
30159  Hannover
Telefon: +49 511 9999 2506

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